Impressionen aus dem inrev-Talk zum Thema „Gender“

Am 13.06.23 fand unser dritter inrev-Talk statt und stand unter dem Thema “Gender”. Die Idee des inrev-Talks: Ein kurzer, thematischer Impuls als Einstieg in ein lebendiges Gespräch, bei dem professions- und handlungsfeldübergreifend diskutiert und überlegt werden kann. Dr. Silvia Arzt stellte sich der Herausforderung, in maximal fünf Minuten in das Thema “Gender” einzuführen und das Gespräch durch Denkimpulse zu eröffnen.

Dazu warf sie zunächst einen Blick auf den gesellschaftlichen Kontext und die Bedeutung, die Sprache im Kontext von Genderthemen spielt: Auf den Zuwachs rechtskonservativer Parteien, die gendersensible Sprachregelungen zum Politikum machen, auf die Beendigung der Genderstudies in Ungarn und die Verschärfung der Abtreibungsbestimmungen in Polen, auf den Ausschluss von Frauen und die fehlende Anerkennung im katholischen Bereich. Darauf, dass in Lehrbüchern Texte von Theologinnen häufig fehlen und beispielsweise in Schulbüchern zu beobachten ist, dass mitunter ausschließlich Texte von Theologen aufgenommen werden.

Für die Bearbeitung des Themas Gender gab Silvia Arzt den Impuls, die „Genderbrille“ aufzusetzen und Rollenbilder zu reflektieren: Was ist Weiblichkeit? Was ist Männlichkeit? Was ist dazwischen?

Man braucht die Differenzkategorie Gender im intersektionalen Ansatz, um Menschen sichtbar zu machen oder auch zu zeigen, wer unsichtbar ist: Wer leitet? Wer lehrt? Wer putzt? Und wer ist gar nicht  da?

Schlaglichter aus der Diskussion:

Ein wesentlicher Diskussionspunkt war die Frage: Was könnten Gründe für die massive Ablehnung von Gendern sein?

Sicherheit und Identität könnten hier eine Rolle spielen – auch im Kontext feministischer Theologie. Ebenso die Sorge, Privilegien zu verlieren, die mit geschlechtlichen Standards verbunden sind und auch Orientierung bieten. Es zeigte sich etwa auf dem Kirchentag, dass bei einem Podium zu Sexismus und der Frage, wer Sprache dominiert, Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Teilnehmer*innen wahrzunehmen waren, insbesondere darin, wofür man eingestanden ist. So gibt es Befürchtungen von älteren Personen in feministischen Bewegungen, dass die Errungenschaften der feministischen Bemühungen durch die Erweiterung und Auflösung der Geschlechterkategorien aufgegeben werden.

Genderfluides Denken erfordert ein Aushalten von Nichteindeutigkeiten. Wo dies nicht gelingt, können Ängste, Verlustsorgen und Identitätskrisen, die stark an Geschlechterstereotypen orientiert sind, entstehen. Diese Stereotypen werden gegenwärtig noch immer medial, etwa durch einige Tageszeitungen mit sehr hohem Absatz, verfestigt. Hier kann es hilfreich sein, andere Bilder von Identitäten in die Diskussion einzubringen, die einen weiteren Rahmen haben, wie z.B. „Rhizomatische Identitäten“ als Gegenbild zu „Pfahl-Identitäten“. Es gibt, unberührt von Positionierungen, Wissen zu Gender, das gewusst werden muss – um letztlich auch fundiert eine Position entwickeln zu können. Dazu gehört auch die Aufklärung und Verdeutlichung von Bedeutung, Wirkung und Geschichte zu Gender, Feminismus und Sexismus.

Eine weitere wesentliche Frage in der Diskussion war: Wie schafft man zum Beispiel in Lehrveranstaltungen die „Wohnzimmer-Atmosphäre“, damit fair und offen diskutiert werden kann? Hier wurde das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation als anschlussfähig eingebracht. Zugleich ist es als Frage stehen geblieben, die weiter zu bedenken und diskutieren ist.

Sprache ist also ein wesentlicher Aspekt, wenn es um Gender-Diskurse geht: Dennoch darf man bei Sprache nicht Halt machen, was aber nicht bedeutet, nicht mit Sprache anzufangen.

Angesprochene Medien:

Kurzfilm der Uni Linz/.. ? Any other questions – https://www.facebook.com/KunstuniLinz/videos/any-other-questions/618425789416108/

„Krieg der Sternchen“ – Doku, die die unterschiedlichen Positionen gut darstellt.

https://www.zdf.de/dokumentation/terra-xplore/sex-gender—wer-bestimmt-mein-geschlecht-100.html

Ein Beitrag von Janine Wolf.

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