Behinderung macht #UNsichtbar – Maiprotest 5. Mai 2020

Unter dem Slogan „Behinderung macht #UNsichtbar“ fand am 5. Mai 2020 der Europäische Protesttag für die Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen statt. Die Maiproteste gibt es seit 1992. Normalerweise treffen sich die Aktivist*innen jährlich auf den Straßen, um für ihre Rechte zu demonstrieren. Aufgrund der aktuellen Situation wurde die Demonstration dieses Mal ins Internet verlegt. Über 5 Stunden Videomaterial sind bei den Verantwortlichen eingegangen, woraus eine große und vielfältige Online-Kundgebung wurde. Moderiert von den Inklusion-Aktivisten Raul Krauthausen und Constantin Grosch zeigt sich darin die große Heterogenität von Menschen mit Behinderungen.

Zu sehen sind u.a. Videoausschnitte von vergangenen Maiprotesten, Lieder, Statements und Forderungen, die von Gebärden- und Schriftdolmetscher*innen simultan übersetzt werden. „Inklusion ist erst dann gegeben, wenn wir nicht mehr drüber reden“, heißt es im Auftakt Song. Manche fragen: „Ist Inklusion Illusion, Vision oder Mission?“. Bei Youtube kann man den Livestream kommentieren und so interaktiv dabei sein. Das Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen sichtbar zu machen. Gerade in Zeiten von Corona sei es wichtig, die Unsichtbarkeit aufzuheben, verschlossene Türen zu öffnen, von vergangenen Missständen zu lernen und barrierefrei und inklusiv aus der Krise herauszugehen.

Humorvoll und poetisch sind die Beiträge, ernst und fordernd. Sie werden gesungen, vorgetragen und teilweise stellvertretend durch Assistent*innen vorgelesen. Es geht um Akzeptanz, Teilhabe und Gleichberechtigung, um Triage, stationäre Einrichtungen und die Erinnerung an die Euthanasie. Es geht um Pränatal Diagnostik, Teilhabe auf dem ersten Arbeitsmarkt, Assistenzpflegebedarfgesetz, verschiedenste Barrieren, Sexualität, Othering und Ableismus und so viel mehr. Es gibt kurze und lange Rede- und Grußbeiträge, Gesang und Performance. Es gibt Menschen mit sichtbaren und unsichtbaren Behinderungen, Behindertenbeauftragte, Menschen mit Behinderungen, die in der Öffentlichkeit stehen und Privatpersonen. Und so unterschiedlich diese Menschen und ihre Behinderungen sind, sie alle machen ähnliche Erfahrungen und treffen immer wieder auf Barrieren. Samuel Koch erinnert: „Wir sind human beings, keine human doings“ und bringt damit auf den Punkt, dass die Würde des Menschen nicht in seiner Leistung, sondern in seiner Existenz liegt. Inklusion sei gelungen, wenn wir das Wort nicht mehr brauchen. Bis dahin müssen Diskurse zur Inklusion und Menschen mit Behinderung in ihrer Vielfalt laut und sichtbar sein, auch und gerade in der Religionspädagogik der Vielfalt.

Online-Kundgebung: www.maiprotest.de

Anna Neumann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Didaktik der Ev. Religionslehre mit Kirchengeschichte. Sie promoviert im Themengebiet Behinderung – Un-/Sichtbarkeit – Religion.

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